Heute möchten wir Euch eine wahre Geschichte weitergeben, die Annemarie in ihrer Kindheit erlebt hat. Es ist so wunderbar, ab und zu den Alltag zu vergessen und in eine vergangene Zeit einzutauchen. Dazu am besten geeignet sind wohl Erinnerungen an die Weihnachtszeit. Es ist zwar noch eine Weile hin, aber wir möchten bewusst schon vorher darüber schreiben, damit Ihr Zeit habt, Euch damit zu befassen, ob es heuer eine Option wäre, diesen Brauch wieder zu beleben und mit der ganzen Familie zu begehen.
Es war einmal ein kleines Mädchen, das sehr neugierig war, besonders wenn die Großmutter wieder eine Geschichte erzählte. Die Phantasie war bei Annemarie sehr ausgeprägt und so konnte sie auch alles was sie hörte, in eigene Bilder umwandeln und so auch die handelnden Personen, Tiere und Landschaften zum Leben erwecken. Am spannendsten war immer die Weihnachtszeit, denn da war von so vielen Gestalten und Wesen aus einer anderen Welt die Rede und Großmutter konnte sie sehr gut beschreiben. In dieser Zeit gab es viele Bräuche, die zelebriert wurden. Der Heilige Abend war so ein Tag, an dem ganz abgesehen von Christmette und Christbaum auch geräuchert wurde. Es war etwas ganz Besonderes, wenn man an diesem Tag die Räucherpfanne tragen durfte. Oma wusste, dass Annemarie wieder so lange bettelte, bis sie das wieder tun durfte. Es war ja auch damit verbunden, dass an diesem Abend sehr spät geräuchert wurde, nämlich vor der Christmette, die um Mitternacht stattfand. Voll freudiger Erwartung begann das Mädchen bereits am Nachmittag, die geweihten Palmkätzchenzweige zu brechen, um sie dann über die Glut, die aus dem Ofen genommen wurde, zu legen. Die Zeit wollte an diesem Tag gar nicht vergehen und so kam es Annemarie vor, als müsste sie eine halbe Ewigkeit auf die Dämmerung warten. Das war der Moment wo alle Utensilien für den Räuchergang vorbereitet wurden.
Außer den Zweigen war da noch Weihrauch, Myrrhe und Speik. Das war die traditionelle Mischung, die dann auf die Palmkätzchen gelegt wurde. Annemarie bereitete alles im Stallgebäude der Großmutter vor. Nun war wieder Warten angesagt. Und dann endlich um 23 Uhr war es dann so weit. Alle versammelten sich neben dem Ofen. Die heiße Glut wurde in die Gußeisenpfanne gehoben, die Zweige und das Räucherwerk wurden darübergelegt und dann begann der traditionelle Räuchergang. In jedem Raum wurde Rauch verteilt und auch der Stall war nicht ausgenommen. Oma sagte ja immer, dass in der Heiligen Nacht die Tiere sprechen können, also hat Annemarie immer versucht etwas zu deuten, wenn die Katze miaute, die Ziege meckerte oder der Hund bellte. Durch ihre rege Fantasie waren tatsächlich einige verständliche Worte dabei und sie freute sich immer sehr darüber. Der Räuchergang war auch immer begleitet von einer Bitte in Form eines Gebetes, das jeder sprach, der mit dabei war. Es lautete:
„So wie sich Weihrauch, Myrrhe und Speik entfalten, so soll unser Heim und alle Menschen und Tiere in diesen Räumen gesegnet und beschützt sein. Alles Böse soll von uns weichen und durch Liebe und Dankbarkeit ersetzt werden. So sei es.“
Ja es war wirklich magisch. Meist sah man den Sternenhimmel, der Schnee knirschte unter den Füßen, der Hauch war durch die Kälte zu sehen. Als der Vorgang vorbei war, wurde Annemarie immer sehr leise, weil sie traurig war, dass alles wieder vorbei war. Aber die Großmutter beruhigte sie, denn dieser Brauch wurde nicht nur am 24.12. sondern auch am 31.12. und am Vorabend des 5.1. gelebt. Das war dann tatsächlich ein Trost, denn so konnte sich das Mädchen wieder auf das nächste Räuchererlebnis freuen.
Diese Geschichte soll Euch dazu animieren, dieses alte Brauchtum heuer einmal mit der ganzen Familie zu begehen. Es bringt so viel Freude, inneren Frieden und Dankbarkeit. Viele von Euch haben sicher auch Erinnerungen aus der Kindheit. Es ist schön, sie wieder zu beleben und den eigenen Kindern dieses wunderbare Ereignis auf den Weg mitzugeben, damit auch sie einmal ihren Kindern davon erzählen und es mit ihnen erleben können. Kinder brauchen solche Erlebnisse, denn Brauchtum ist ein Spielplatz für die Seele
Wir wünschen Euch eine schöne Zeit!
Annemarie & das Achanta-Team